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“Hoffentlich kommt er nicht rüber”– Eine Polemik über die afrikanische Flüchtlingsfrage und die deutsche Art zu helfen

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Was ist uns ein Menschenleben wert? Wenn in Deutschland ein Kind entführt wird hält die Nation den Atem an und es werden Blumenberge aufgetürmt. Diese Woche wurden, nach einem gescheiterten Fluchtversuch per Boot über das Mittelmeer, zwei tote Babyleichen an die libysche Küste gespült. Was hört man? Nichts!

Sicherlich gehen Todesmeldungen Deutscher den Menschen hier mehr nahe als die eines Menschen irgendwo weit weg. Der Fehler an diesem Denkmuster ist bloß, dass so weit weg das gar nicht ist. Es sind unsere nächsten Nachbarn. Die Leichen kommen aus Nordafrika, einem Teil des Afrikanischen Kontinents, der schon seit der römischen Eroberung fest auf unserer Landkarte verankert ist und mit dem wir nicht erst seit der zweifelhaften Kolonialzeit eine Geschichte teilen.

Man kann aber nicht so einfach sagen dass die Schwarzafrikaner die über Nordafrika fliehen und die arabischen Afrikaner uns total gleich sind. Schon seit Jahren machen Misereor oder Brot für die Welt Werbung mit den immer gleichen Plakaten, auf denen wir schwarze Kinder sehen. Sie scheinen Erfolg damit zu haben, sonst hätten sie wohl schon längst Neue – die Leute spenden. Trotz Krise hat Brot für die Welt beispielsweise einen leichten Zuwachs an privaten Spenden von 2000 zu 2009 zu verbuchen.

Also wie stehen wir jetzt nun zu den Menschen südlich des Mittelmeers? Warum spricht keiner über das Massengrab Mittelmeer, aber gespendet wird, ohne Unterschied?

Ich möchte behaupten, dass wir in Deutschland eine Verhaltensweise gegenüber den Problemen in Afrika zu Tage tragen die sich verhält wie ein geschiedener Vater zu seinem Kind.

Wir geben Geld um unser Gewissen zu beruhigen und um zu verhindern, dass die anderen Ansprüche stellen. Sehr eindrucksvoll bringt das die Übersetzung des Namens der kath. Hilfsorganisation Misereor auf den Punkt. Es bedeutet nämlich „ich erbarme mich“. Das Spendenwesen in Deutschland ist zu großen Teilen fest in kirchlicher Hand und lebt nach dem Prinzip Almosen zu geben. Wer mit diesem Prinzip arbeitet, kann gar nicht anders, als die Flüchtlinge auf hoher See zu ignorieren, denn die erzählen ja eine ganz andere Geschichte. Die wollen nämlich keine Almosen, alles was sie wollen, ist die Chance endlich zu arbeiten und selber die Familie zu ernähren. Das Kind ist erwachsen!

Manch einer mag nun sagen: Warum denn hier? Wir müssen die Wirtschaft in Afrika aufbauen, damit sie dort arbeiten können. Natürlich müssen wir das, bis es aber soweit ist, haben die Afrikaner meiner Meinung nach, schon fast ein Recht hier her zu kommen und sich um einen Job zu bewerben. Was uns heute als schicke Altbauten auf den Straßenrändern entgegen glänzt ist nämlich auch darauf gebaut, dass über Jahrhunderte Europa und Deutschland davon gelebt haben, dass in Afrika geplündert, gehungert und geschlagen wurde. Unser technischer Fortschritt im vergangenen Jahrhundert wäre ohne billige Rohstoffe oder Arbeitskräfte u.a. aus Afrika, gar nicht möglich gewesen. Bis heute sterben im Kongo Menschen dafür, dass Handys bei uns, trotz seltener Metalle, zu Spottpreisen zu erwerben sind.

Ist das fair? Ist das durch Spenden zu richten? Oder müssen wir uns nicht viel eher endlich dazu durchringen ehrlich mit den Afrikanern zu sein. Nicht mehr spenden, aber faire Löhne zahlen lassen, die wir dann auch selbstverständlich in hohen Preisen bezahlen – oder in weniger Gewinnen. Raus aus dem Schnell, Schnell der Billigkultur und dafür gerechter und vielleicht auch langsamer werden. Das wird wohl noch eine Weile Träumerei bleiben, am 12 Mai hingegen findet eine Konferenz der EU Innenkommissarin statt, in der es auch um die Aufnahme von zwischen die Fronten geratenen Flüchtlingen in Libyen nach Europa geht. Mal sehen ob wir diesmal ehrlich sind.

 

 

 

Wer Näheres darüber erfahren möchte, wie wir mit unseren Billigkonsum humanitäre Katastrophen in Afrika unterstützen, den möchte ich den Film “Blood In The Mobile” von Frank Piasecki Poulsen nahe legen.


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